Geberit – Internationales Intercompany E-Invoicing

 
Referenz
Tanner, Christian (2011): Fallstudie "Geberit - Internationales Intercompany E-Invocing", in: Tanner, Christian; Wölfle, Ralf; (2011): E-Invoicing - Elektronischer Rechnungsaustausch, Basel: edition gesowip, 2011. S. 127-140.
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Inhaltsverzeichnis:

1. Das Unternehmen

Hintergrund, Branche, Produkt und Zielgruppe
Seit der Gründung 1874 entwickelte sich Geberit zu einem Spezialisten für Sanitärtechnik mit umfassenden Systemlösungen für Neu- und Altbauten. Der einstige Pionier wurde zum Marktführer in Europa und engagiert sich zunehmend global in Wachstumsmärkten. Kompetenzzentren in Shanghai (China) und in Chicago (USA) unterstützen die Anpassung der Produkte an regionale Bedürfnisse. An 25 firmeneigenen Ausbildungszentren in Europa und Übersee wurden bereits rund 30'000 Sanitärinstallateure, -planer und Architekten an Geberit Systemen und Softwaretools ausgebildet.

Die Geberit-Gruppe umfasst Vertretungen in 40 Ländern. In sieben Ländern werden 15 Fabriken betrieben, die Hauptproduktionsstätten befinden sich in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich. Im Jahr 2009 erwirtschaftete die Geberit-Gruppe mit weltweit rund 5'600 Mitarbeitenden 2.2 Milliarden CHF Umsatz. Das Unternehmen mit Sitz in Jona ist seit 1999 an der Schweizer Börse kotiert.

Unternehmensvision
Die Vision von Geberit ist es, mit innovativen Lösungen in der Sanitärtechnik die Lebensqualität der Menschen nachhaltig zu verbessern. Die Strategie dazu basiert auf vier Säulen: „Konzentration auf die Sanitärtechnik“, „Bekenntnis zur Innovation“, „Selektive geografische Expansion“ und „Permanente Geschäftsprozessoptimierung“.
Aufgabe der Säule «Permanente Geschäftsprozessoptimierung» ist es, eine führende, langfristig wettbewerbsfähige Kostenstruktur sicherzustellen. Dies geschieht einerseits top-down durch gruppenweite Projekte, andererseits bottom-up durch Verbesserungsinitiativen der Mitarbeitenden.
Stellenwert von Informationstechnologie und E-Business
Informationstechnologie wird als Enabler für Innovationen und Effizienz angesehen, IT-Aktivitäten werden an den strategischen und operativen Zielen ausgerichtet. Die zentralisierte Informatik betreut von zwei Standorten im Jona (Schweiz) und Pfullendorf (Deutschland) die meisten Konzerngesellschaften. Das IT-Team zeichnet sich durch hohe Business- und Prozesskompetenz aus und wird von den Fachabteilungen als kompetenter Partner wahrgenommen. Geberit setzt wo immer möglich auf integrierte Standardlösungen und zielt im Konzern auf weitgehende Standardisierung. Dabei spielt SAP als integrierte Business Software eine zentrale Rolle. Die Innovationskultur von Geberit wird auch in der IT gefördert, obwohl man sich hier nicht als First Mover sieht. Regelmässig werden neue Technologien, die dem Unternehmen einen Nutzen stiften könnten, evaluiert und die Mitarbeitenden werden laufend geschult. Grosse Beachtung schenkt das IT-Team der Einhaltung von gesetzlichen Vorschriften und gruppeninternen Richtlinien. Zur Überprüfung der Einhaltung werden interne Kontrollen durchgeführt.

Vorstellung der beteiligten Parteien
Swisscom IT Services/TrustWeaver als E-Invoicing Service Provider (EISP) und internationaler Signaturdienstleister
Swisscom IT Services (Swisscom) betreibt das B2B-Netzwerk Conextrade, das Purchase-to-Pay Prozesse zwischen Lieferanten und Beschaffungsorganisationen elektronisch unterstützt. Als EISP erstellt Swisscom steuerrechtlich konforme elektronische Rechnungen im Auftrag von Rechnungsstellern und leitet diese direkt oder indirekt über andere B2B-Netzwerke an die Empfänger weiter.

Um der Anforderungsvielfalt und Dynamik im internationalen E-Invoicing gerecht zu werden, ging Swisscom eine Lösungspartnerschaft mit TrustWeaver, einem Signaturdienstleister aus Schweden, ein. Dieser betreibt Signatur- und andere Onlinedienste für die Erbringung von Nachweisen, dass elektronische Dokumente die in verschiedenen Ländern unterschiedlichen regulativen Anforderungen über ihren gesetzlich vorgeschriebenen Lebenszyklus erfüllen.

Beteiligte aus der Geberit-Unternehmensgruppe
Im Kontext dieser Fallstudie sind folgende Unterscheidungen innerhalb der Geberit-Gruppe relevant:

Die Geberit Verwaltungs AG betreibt u.a. die zentrale IT der Geberit-Gruppe an den Standorten Jona und Pfullendorf.

Die Geberit International AG nimmt im Transferpreis-Modell die Rolle der Zentrale ein. Mit Sitz in der Schweiz und Registrierungen in verschiedenen Ländern, werden sämtliche Transaktionen zwischen den Vertriebs- und Produktionsstätten über dieses Unternehmen abgewickelt bzw. verrechnet.

Geberit Vertriebsstätten werden in 40 Ländern unterhalten. Sie pflegen die Beziehungen zu den Kunden. Die 15 Geberit Produktionsstätten (Werke) stehen nicht in direktem Kundenkontakt, sondern liefern an die Vertriebsstätte oder in deren Auftrag direkt an die Kunden.

2. Der Auslöser des Projekts

Ausgangslage und Anstoss für das Projekt
Zur Optimierung der internationalen Arbeitsteilung traf die Konzernleitung im Jahr 2008 die Entscheidung, die konzerninterne Leistungsverrechnung auf ein neues Transferpreis-Modell umzustellen. Das heisst, dass sämtliche Transaktionen, die bis anhin zwischen Produktions- und Vertriebsstätten abgewickelt wurden, neu über eine zentrale Einheit, abgerechnet werden. Weil dies zu einer beträchtlichen Erhöhung der ausgetauschten Rechnungen führt, war für Geberit klar, dass für dieses Modell die Rechnungen nicht mehr in Papierform ausgetauscht werden sollten. Deshalb wurde im Rahmen des Transferpreis-Projekts auch das Teilprojekt internationales Intercompany E-Invoicing initiiert.

3. Internationales Intercompany E-Invoicing

Geschäftssicht und Ziele
Im Rahmen des Transferpreis-Modells bestellen die Vertriebsgesellschaften die Produkte für ihre Kundenaufträge bei der Geberit International AG. Diese legt einen konzerninternen Kundenauftrag an, der wiederum eine Bestellung an eine Produktionsstätte (Werk) auslöst. Das Werk liefert entweder an die Vertriebsgesellschaft oder direkt an deren Kunde. Das Werk stellt dafür Rechnung an die Zentrale, die wiederum an die Vertriebsgesellschaft fakturiert. So werden innerhalb der Unternehmensgruppe jährlich etwa 1.5 Millionen Rechnungen in elektronischer Form ausgetauscht (vgl. Abb. 1).

Damit sich Geberit nicht im Detail mit den heterogenen handels- und steuerrechtlichen Anforderungen der verschiedenen Länder an die elektronische Rechnung auseinandersetzen muss, wurden die gesetzeskonforme Erstellung, Übermittlung und Eingangsverarbeitung der elektronischen Intercompany-Rechnungen an Swisscom IT Services delegiert. Konkret prüft Swisscom die Rechnungsdaten inhaltlich auf Mehrwertsteuer- und Schemakonformität, übermittelt auch Daten für die korrekte technische und logische Zuordnung in den Empfängersystemen und versieht sie mit den für die betroffenen Länder geforderten elektronischen Signaturen. Für Rechnungen, die eine Signatur nach Schweizer Recht benötigen, signiert Swisscom selbst. Für alle anderen Länder wurde die Signaturerstellung an einen spezialisierten international tätigen Signaturdienstleister delegiert. Die elektronisch signierte Rechnung wird dann an den Rechnungsempfänger zur Rechnungsprüfung übermittelt. Die elektronische Archivierung der Rechnung erfolgt zentral im Archiv der Geberit.

Für die Rechnungsstellung innerhalb der Geberit-Gruppe müssen über 80 Länderverbindungen unterhalten werden. Die Dokumentation der länderspezifischen Signaturprozesse wird viermal im Jahr durch Swisscom und TrustWeaver überprüft und bei Bedarf aktualisiert.

Für die erwähnten Dienstleistungen bezahlt Geberit Swisscom eine jährliche Pauschalgebühr. Diese basiert auf einem angenommenen Rechnungsaufkommen und einem Vertrag, der auf mehrere Jahre läuft. Zwischen Geberit und TrustWeaver besteht kein direktes Vertragsverhältnis.


Abb. 1: Involvierte Parteien, ihre Rollen und Prozesse

Mit dem Projekt internationales Intercompany-E-Invoicing verfolgte Geberit folgende Ziele:
  • Elektronisch integrierte und standardisierte Leistungsverrechnung im Transferpreis-Modell
  • Garantierte Konformität mit den nationalen gesetzlichen Anforderungen der betroffenen Länder und dadurch Minimierung der Risiken (vor allem in Bezug auf die Vorsteuerabzugsfähigkeit der Belege)
  • Reduktion der Komplexität dank Vereinheitlichung von Prozessen und ausgetauschten Daten
  • Reduktion der Kosten durch Verzicht auf Papierrechnungen

Prozesssicht
Zwischen den Geberit-Konzerngesellschaften, die mit SAP arbeiten, werden Geschäftsdokumente wie Bestellungen und Rechnungen vollautomatisch elektronisch ausgetauscht. Die Prozesse der konzerninternen Rechnungsstellung sowie der gesetzeskonformen elektronischen Signatur und der Signaturprüfung werden nachfolgend vertieft behandelt.

Konzerninterne Rechnungsstellung
Im SAP Verkaufsmodul SD im Buchungskreis der jeweils Rechnung stellenden Geschäftseinheit wird eine Rechnung erzeugt. Diese wird als SAP IDoc im XML-Format an Swisscom übermittelt. Swisscom prüft die Struktur der Rechnung und die Vollständigkeit der MWST-relevanten Felder. Danach erfolgt die gesetzeskonforme elektronische Signatur der Rechnung (vgl. separate Prozessbeschreibung). Swisscom übermittelt schliesslich eine XML-Datei an Geberit, die als Container betrachtet werden kann und alle relevanten Bestandteile einer gesetzeskonformen elektronischen Rechnung enthält. Die XML-Datei löst im Empfängersystem die entsprechende Buchung aus, wird mit dieser logisch verknüpft und im zentralen Archiv aufbewahrt. Gleichzeitig wird auch zum Rechnung stellenden System und der dort vorhandenen Buchung eine logische Verknüpfung erstellt.
Die Rechnungsprüfung erfolgt sowohl bei der Zentrale wie auch bei der Vertriebsstätte auf Basis der jeweiligen Bestellung.

Der Austausch der Rechnungen wird systemtechnisch überwacht. Das heisst, es wird auf Ebene der zentralen Einheit geprüft, ob jeder eingehenden auch eine ausgehende Rechnung gegenübersteht.

Gesetzeskonforme elektronische Signatur
Swisscom führt gemeinsam mit seinem Lösungspartner TrustWeaver eine Matrix, auf der die gesetzlichen Anforderungen, die in einer Länderkombination von Sender und Empfänger einer elektronischen Rechnung zum Tragen kommen, abgebildet sind (vgl. Abb. 2). Abhängig davon, aus welchem Land der Rechnungssteller stammt, wird definiert, mit welchem Zertifikat die elektronische Rechnung signiert werden muss. Grundsätzlich müssen die nationalen rechtlichen Anforderungen des Landes des Rechnungsstellers berücksichtigt werden. Das heisst, dass beispielsweise für einen deutschen Rechnungssteller ein Zertifikat und ein Verfahren verwendet werden müssen, die den steuer- und handelsrechtlichen Anforderungen Deutschlands entsprechen.

Für den Rechnungsempfänger wird die elektronische Rechnung vor der Archivierung mit einer zusätzlichen elektronischen Signatur versehen, die den Anforderungen seines Landes entspricht. Swisscom wendet somit das Prinzip der Doppelsignatur an.


Abb. 2: Compliance Matrix des Service Providers für internationales E-Invoicing (Beispiel)

Signaturprüfung
Um die Unverändertheit des Inhalts und den Nachweis der Herkunft der elektronischen Rechnungen sicherzustellen, führt Geberit systematische wie auch stichprobenweise Signaturprüfungen durch.

Die systematische Prüfung delegierte Geberit an Swisscom. Sie erfolgt automatisiert und wird auf alle elektronischen Intercompany-Rechnungen angewendet. Das Ergebnis der Prüfung wird von Swisscom dokumentiert und gemeinsam mit der elektronischen Rechnung an Geberit übermittelt. Damit soll sichergestellt werden, dass nur inhaltlich unversehrte Belege verarbeitet werden. Geberit archiviert dieses Ergebnisprotokoll gemeinsam mit der elektronischen Rechnung.

Mit Stichprobenprüfungen will Geberit einerseits überprüfen, ob gezielt ausgewählte elektronische Rechnungen wirklich vorhanden und lesbar sind; andererseits wird mittels Signaturprüfung kontrolliert, ob die Unverändertheit des Inhalts und die Herkunft der ausgesuchten elektronischen Rechnungen nachgewiesen werden können. Dieser Prozess ist in der Verfahrensdokumentation beschrieben. Diese Signaturprüfung erfolgt auf dem Webportal von Swisscom. Dazu ruft die Person den Beleg (XML-Datei) im Archiv auf und kopiert diesen in ein lokales Verzeichnis. Dann meldet sie sich mit dem länderspezifischen Login auf dem Webportal von Swisscom an. Dort kann die Datei hochgeladen und die Signatur aus Sicht des Senders oder Empfängers geprüft werden. Der Webdienst zeigt die für den Nachweis der Unverändertheit und der Herkunft der elektronischen Rechnung erforderlichen Ergebnisse der Signaturprüfung an.

Externe Prüfer und Steuerprüfer können mit dem gleichen Verfahren auf elektronische Rechnungen zugreifen und deren Signatur prüfen.

Anwendungssicht
In der Geberit Gruppe ist bei Geberit International AG und in den meisten Gesellschaften SAP als Business Software in Einsatz. Intercompany E-Invoicing wird lediglich in den Organisationen praktiziert, die SAP nutzen. Nachfolgend werden die eingesetzten Applikationen aus Sicht der Geberit International AG beschrieben.
Im SAP Verkaufsmodul SD werden die Aufträge aus den Bestellungen der Vertriebsstätten automatisiert angelegt und die entsprechenden Rechnungen daraus abgeleitet. Sie werden als SAP IDoc Invoices generiert und an den eService Connector übergeben (vgl. Abb. 3). Diese Schnittstellenapplikation wurde von Swisscom bereitgestellt und bei der Geberit Verwaltungs AG installiert. Der eService Connector übermittelt die elektronischen Rechnungsdaten im IDoc XML-Format von Geberit an Swisscom und empfängt umgekehrt die elektronisch signierten Rechnungen als XML-Datei im W3C-Standardformat xmldsig. Diese trägt einen systematischen Dateinamen und enthält folgende Bestandteile:
  • Rechnungsdaten im IDoc Invoice XML-Format
  • Elektronische Signatur, wie sie im Land des Rechnungsstellers akzeptiert wird, inklusive Zertifikat und Signaturprüfprotokoll
  • Elektronische Signatur, wie sie im Land des Rechnungsempfängers akzeptiert wird, inklusive Zertifikat und Signaturprüfprotokoll
  • Lesekopie der Rechnung im PDF-Format

Die Rechnungsprüfung erfolgt auf der Grundlage der Bestellung im SAP MM-Modul, aufgrund der im FI-Modul vordefinierten Regeln. Stimmt die Rechnung mit der Bestellung überein, erfolgt automatisiert die Zahlungsfreigabe basierend auf den im FI-Modul hinterlegten Zahlungsfristen.


Abb. 3: Die für die Lösung eingesetzten wichtigsten Anwendungen und ihre Funktionen

Als zentrale Archivlösung wird IXOS von Open Text eingesetzt. Weil in der EU gefordert wird, dass die Daten physisch im Gemeinschaftsraum archiviert sind, hält Geberit ein Archiv in der Schweiz und eine Spiegelung dieses Archivs in Deutschland.

Die Signaturdienste von TrustWeaver werden von Swisscom über eine SOAP-Schnittstelle aufgerufen.

4. Projektablauf und Betrieb

Investitionsentscheidung
Die Umstellung auf das internationale Intercompany E-Invoicing war ein Teilprojekt des durch die Konzernleitung initiierten Transferpreis-Projekts. Finanziell war es im Vergleich zu den umfassenden Arbeiten, die das Hauptprojekt erforderte untergeordnet, aber dennoch ein wichtiger Baustein. Der Entscheid fiel denn auch als Folge des Hauptprojekts und basierte nicht auf einer gesonderten Investitionsentscheidung. Die Kosten für die Implementierung, Anbindung und Dokumentation der Lösung beliefen sich auf einen tiefen sechsstelligen Frankenbetrag.

Projektmanagement und Changemanagement
Das Transferpreis-Projekt wurde im Jahr 2008 gestartet und durch den CFO geleitet. Das Kernteam bestand aus Vertretern der Bereiche Finanzen, Steuern, Recht und IT. Für länderspezifische Fragestellungen wurden die Steuerteams der jeweiligen Ländergesellschaften beigezogen.

Das Intercompany E-Invoicing-Teilprojekt wurde durch einen Vertreter der IT geleitet. In seinem Team waren Personen aus der IT-Infrastruktur, die die Schnittstelle zu Swisscom verantworteten und Personen aus dem SAP Prozessteam. In der Schlussphase wurden auch Personen aus dem Bereich Finanzen/Steuern involviert, um die Vorgänge zu testen und die Ergebnisse zu überprüfen.

Die wichtigsten Arbeitspakete auf Seite von Geberit waren das Design der neuen Prozesse und deren Umsetzung im SAP-System.

Weil Geberit konsequent eine grösstmögliche Prozess- und Rechtssicherheit anstrebt, wurden in den wichtigsten Ländern auch die Steuerbehörden über das Vorhaben informiert, und die kritischen Punkte offengelegt und diskutiert. In einigen Fällen wurde mit den Behörden auch festgelegt, wie mit den Papier- und elektronischen Rechnungen während der Umstellung zu verfahren ist.

Evaluation, Entstehung und Roll-out der Lösung
Weil Geberit schon im Jahr 2006 erste nationale E-Invoicing-Erfahrun¬gen gesammelt hatte, war von Beginn weg klar, dass man für das Intercompany E-Invoicing nicht eine eigene Lösung aufbauen wollte. Die Komplexität im Umgang mit den unterschiedlichen internationalen steuer- und handelsrechtlichen Anforderungen sollte durch den Beizug eines spezialisierten Dienstleisters reduziert werden. 2008 unternahm Geberit Referenzbesuche bei verschiedenen Grossunternehmen, die bereits Erfahrungen im Intercompany E-Invoicing hatten. Schliesslich fiel die Entscheidung auf Swisscom IT Services, weil diese im Verbund mit dem Signaturdienstleister TrustWeaver über ausgewiesenes internationales Compliance Know-how sowie über eine Plattform für internationales E Invoicing verfügte. Dass Swisscom mit Conextrade ein B2B-Netzwerk anbietet, über das künftig auch Kunden und Lieferanten elektronisch eingebunden werden können, war ein weiteres, starkes Argument.

Die Implementierung der internen Anpassungen wurde durch das eigene SAP-Team vorgenommen und erforderte keine zusätzliche externe Unterstützung. Als Grundsatz gilt, dass sich Geberit-Lösungen so weit als möglich am SAP-Standard orientieren müssen.

Das Go-Live der ersten Länderkombination Schweiz-Schweiz erfolgte am 1. April 2009. Danach folgten Länderkombinationen zur Schweiz und nach Deutschland, die Länder mit dem grössten Transaktionsvolumen. Die im Projekt vorgesehenen über 80 Länderkombinationen wurden bis Mitte 2010 umgesetzt.

Weil die Umstellung auf das Transferpreis-Projekt auf 1. Januar 2009 erfolgte, die Einführung des Intercompany E-Invoicing jedoch gestaffelt umgesetzt wurde, mussten Übergangslösungen eingerichtet werden. Mit diesen wurde sichergestellt, dass zu jedem Zeitpunkt steuerrechtlich akzeptierte Belege erstellt und aufbewahrt werden.

Geberit liess das gewählte Verfahren und die technischen Abläufe durch externe Prüfer auditieren. Die Verfahren sind ausführlich dokumentiert.

Das Projekt konnte technisch effizient umgesetzt werden, weil im Transferpreis-Projekt das Prozessdesign schon im Detail vorgenommen worden war und das erforderliche Implementierungswissen im hauseigenen SAP-Team vorhanden war.

Eine besondere Herausforderung war, die Komplexität der Gruppenstruktur im SAP und auf dem eService Connector (Kommunikationsschnittstelle zum B2B-Netzwerk Conextrade) abzubilden und damit durchgängige Prozesse zwischen Geberit und Swisscom IT Services einzurichten.

Laufender Unterhalt
Das SAP-System wird durch die Geberit Verwaltungs AG betrieben, wo sich das Infrastrukturteam um die Schnittstelle zu Swisscom kümmert und das Prozessteam um die eingesetzten SAP-Module.

Updates auf Seite Swisscom erfordern auch Anpassungen an der Schnittstelle bei Geberit und müssen jeweils abgestimmt durchgeführt werden.

Für das Aufsetzen neuer Länderverbindungen werden die Anforderungen vom Logistik-Verantwortlichen des SAP-Teams an Swisscom formuliert. Konfiguration, Tests und Anpassung der Dokumentation erfolgen in Zusammenarbeit zwischen Swisscom (IT und Business Development) und Geberit (IT und Fachbereich).

Eine Stelle in der Controlling-Abteilung der Geberit International AG betreibt das Monitoring des Intercompany E-Invoicings und kümmert sich um Unregelmässigkeiten. Basis dazu bilden Meldungen von Swisscom und interne Prüf- und Abstimmprozesse.

5. Erfahrungen

Nutzerakzeptanz
Die Einführung des Intercompany E-Invoicings wurde in den Geberit-Gesellschaften gut aufgenommen. Die Lösung ist für die Beteiligten sichtlich effizient. Sie vertrauen auch darauf, dass die neue, standardisierte Lösung die regulativen Anforderungen erfüllt und damit die Prozess- und Rechtssicherheit von zentraler Stelle sichergestellt sind.

Zielerreichung und bewirkte Veränderungen
Die vier Hauptziele des E-Invoicing-Projekts wurden erreicht:
  • Geberit verfügt heute über eine integrierte und standardisierte elektronische Rechnungsabwicklung, die das Transferpreis-Modell optimal unterstützt.
  • Durch den klar definierten und elektronisch gesteuerten Prozess wurde das Risiko, dass Vorsteuerabzüge nicht geltend gemacht werden könnten, oder das Risiko von Fiskalstrafen, stark reduziert.
  • Die Kosten konnten durch den Wegfall der Papierrechnungen reduziert werden.
  • Die Steuerung der Intercompany-Prozesse konnte dank der Vereinheitlichung der Prozesse wesentlich verbessert werden.

Das ursprüngliche Ziel, die E-Invoicing-Lösung mit der Umstellung auf das neue Transferpreis-Modell per 31. Dezember 2008 operativ zu haben, wurde bewusst um drei Monate verschoben. Die Gründe lagen zum einen darin, dass man zuerst die Prozesse im SAP sauber abgebildet haben wollte und zum anderen, weil die mehr als 80 Länderverbindungen auch eine erhöhte Komplexität ergaben. Ein bedeutender Punkt in den Vertragsverhandlungen, der mehr Zeit als geplant beanspruchte, war die Klärung der Haftungsfrage.

Die Qualität der Meldungen ist sehr hoch. Zu deren Überwachung wird ein Geberit-internes Monitoring betrieben, um sicherzustellen, dass einerseits die Summe der ausgehenden Rechnungen mit jener der eingehenden Rechnungen übereinstimmt und anderseits die Belege erfolgreich ins Archiv verschoben und mit dem Geschäftsvorfall verknüpft sind. Ist dies nicht der Fall, so wird den Fehlern konsequent nachgegangen, um die Ursachen zu eliminieren.

Die eingeführte Lösung kann bei Bedarf erweitert werden, um die gruppenweiten Prozesse noch weiter zu optimieren. Ende 2010 startete Geberit den Roll-out der Lösung zur elektronischen Unterstützung der Rechnungsabwicklung mit Kunden und Lieferanten.

6. Erfolgsfaktoren

Weil Geberit eine klare Vorstellung in Bezug auf die Umsetzung des neuen Transferpreis-Modells hatte und der Austausch elektronischer Intercompany-Rechnungen eine Voraussetzung war, bestanden zu Projektbeginn eine klare Strategie und gut dokumentierte Prozesse. Im Projekt standen somit hauptsächlich die technische Umsetzung und die Dokumentation der Lösung im Vordergrund. So konnte das E Invoicing-Projekt in vergleichsweise kurzer Zeit realisiert werden.

Ein weiterer Erfolgsfaktor war, dass Geberit ganz im Sinne der bestehenden IT-Strategie auf Standards setzte. Das beginnt bei den Leistungsverrechnungsprozessen, geht weiter über die Wahl eines zentralen Anbieters für alle internationalen Austauschbeziehungen im E Invoicing und endet schliesslich in Einhaltung der SAP IDoc-Standardspezifikationen für die Rechnung. Die Rahmenbedingung einer zentralen IT, in der die meisten Geberit-Gesellschaften mit SAP das gleiche ERP-System einsetzen, in dem sie in wenigen Mandanten abgebildet sind, bedeutete genauso eine günstige Ausgangslage wie das Vorhandensein eines eigenen SAP-Kompetenzteams bei Geberit.

Im Rahmen des Projekts wurde das bestehende interne Prozess- und Lösungswissen weiterentwickelt und steht nun für den weiteren Ausbau der Lösung zur Verfügung. Durch die fachübergreifende Zusammenarbeit wurde zudem das gegenseitige Verständnis weiter geschärft.

Die gewählte Lösung lässt sich im Hinblick auf den elektronischen Rechnungsaustausch mit Lieferanten und Kunden erweitern. Mit dem Intercompany E-Invoicing konnten dafür wertvolle Erfahrungen gesammelt werden.

Lessons Learned
In einem Projekt mit einem ambitiösen Zeitplan besteht für die Projektleitung oft ein Zielkonflikt zwischen dem Erreichen des zeitlichen Projektziels und der Verfolgung des langfristigen Optimums für das Unternehmen. Es besteht die Gefahr, dass unter Zeitdruck manchmal Lösungen gewählt werden müssen, die zwar kurzfristig das Fortkommen sichern, aber langfristig nicht nachhaltig sind. So musste wegen der heterogenen Systemstrukturen die Zuordnung der Meldungen in einer Weise gelöst werden, die nicht dem üblichen Standard entspricht. Solche Individuallösungen können die Abhängigkeit vom Anbieter erhöhen.

Zentrale juristische Fragen sollten früh identifiziert und die nötigen Abklärungen und Verhandlungen in solchen Projekten als gesonderte Aufgaben eingeplant werden.

Im internationalen E-Invoicing sind die Rahmenbedingungen ständig im Fluss. Die Entwicklungen sind kontinuierlich zu verfolgen und mit der gewählten Lösung abzustimmen. Dafür sind international ausgerichtete Partner mit einem guten Leistungsausweis und entsprechenden Referenzen von grosser Bedeutung. Geberit fand die Lösung im Outsourcing der kritischen Funktionen an Swisscom IT Services mit ihrem internationalen Signaturpartner TrustWeaver.

Weil die Abhängigkeit von einem zentralen Service Provider für eine internationale E-Invoicing-Lösung gross ist, müssen unbedingt alternative Lösungsszenarien durchdacht werden. Solche wurden bei Geberit identifiziert, ihre kurzfristige Implementierung würde aber mit grossen Effizienznachteilen einhergehen.

Die Diskussion, ob die elektronische Signatur der Rechnung wirklich erforderlich ist, wird immer wieder entfacht. Einerseits, weil die Komplexität der Lösung dadurch erhöht wird, und anderseits, weil den Dienstleistern für deren Erstellung und Prüfung Gebühren entrichtet werden müssen. Diese können bei einem Transaktionsvolumen wie bei Geberit eine relevante Grösse annehmen. Bei der Beurteilung gilt es zu prüfen, welche Alternativen für den gesetzlich geforderten Nachweis der Unverändertheit des Inhalts und die Herkunft der elektronischen Rechnung bestehen. Geberit kam zu der Beurteilung, dass die hohe Sicherheit des Verfahrens mit elektronischer Signatur die entstehenden Kosten rechtfertigt.

Die Anforderungen aus der Interdisziplinarität des Projekts – es waren die Fachbereiche Finanzen, Controlling und Recht und IT involviert – sind nicht zu unterschätzen. Für den Projekterfolg muss ein gemeinsames Verständnis für Prozesse und Verfahren entwickelt werden.

Die Erfahrungen aus den Tests zeigen, dass die Testszenarien angesichts der vielen Dokumente und Geschäftsvorfälle zwar für den Grossteil der Transaktionen ausreichen, aber dennoch viele Unzulänglichkeiten erst im Produktivbetrieb sichtbar werden. Die Organisation solcher Klärungs- und Korrekturarbeiten ist auch nach Projektabschluss sicherzustellen.

Aktualisiert am 08/28/2013
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